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Es war zu der Zeit, als die Musiker noch von Hof zu Hof und von Stadt zu Stadt
zogen, wenn sie nicht das Glück hatten, eine feste Anstellung zu haben. Sie mussten
sich ihre Arbeit suchen. Ab und zu spielten sie mal auf dem Markplatz und verdienten
sich die Groschen für die nächste Mahlzeit
Unser Märchen handelt von einem jungen Mann, der vortrefflich die Violine
spielen konnte. Eines Abends kam er müde und kaputt an ein entlegenes Gasthaus
und fragte an, ob man für ihn eine Herberge habe, aber die Wirtsleute sagten
ihm, dass alle Zimmer belegt, ja dass man sogar schon überbelegt sei. "Ich
bin aber sehr müde und der Wald ist dunkel, ich kann wirklich nicht mehr
weitergehen. Gibt es denn gar keine Möglichkeit?" - "Naja", sagte der Wirt,
"es gäbe da schon noch eine Möglichkeit, aber ich weiß nicht, ob sie Ihnen
behagen wird. Ein paar Schritte von hier, man kann es nicht verfehlen, steht
ein verlassenes Schloss mitten im Wald. Dort
sind eine Menge leerer Räume. Dort könntet ihr schlafen. Aber, ich muss
gleich dabei sagen, die Sache hat eine Haken. Schon viele sind hinabgegangen,
aber keiner ist zurückgekehrt. Es heißt, in der Nacht zwischen 11 und 12
Uhr käme der Teufel persönlich und treibe sein Unwesen dort im Schloss."
Der Wirt bot dies an, weil er den Fremden loswerden wollte und er hatte
erkannt, dass bei ihm nicht viel Geld zu holen war.
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Der junge Geiger überlegte nicht lange und entschied, dass er es sicher
schaffen würde. Er ließ sich ein großes Küchenmesser und einen Kerzenleuchter
geben, nahm seine Sachen unter den Arm und zog hinab zu dem Schloss. Dort
schaute er sich erst einmal um. Es gab wunderschön eingerichtete Räume.
In den Essräumen lagen saubere Tischdecken und Servietten, in den Wohnräumen
standen bequeme Möbel, in der Küche gab es Geschirr vom Feinsten und Töpfe
und Pfannen. Es gab auch eine vollständig eingerichtete Werkstatt mit
allen Werkzeugen und Geräten, die sich ein Handwerker wünschen konnte.
Es war eben nur alles unbewohnt. Von den Schlafzimmern, in denen mit bunter
Bettwäsche bezogene bequeme Betten standen, entschied er sich für eins
ganz in Blau. Das war seine Lieblingsfarbe. Dort gab es ein schönes großes
Himmelbett und einem ovalen Spiegel mit viel Gold. Er stellte den Kerzenleuchter
auf den Tisch und das Messer legte er direkt daneben, damit er es schnell
erreichen konnte. Er machte es sich bequem und fühlte sich eigentlich
ganz wohl.
Da
er aber noch nicht schlafen konnte, packte er seine Violine aus, spannte
den Bogen und spielte ein paar schöne Melodien, einfach so, was ihm in
den Sinn kam. Es machte ihm immer mehr Spaß, denn in den großen Räumen
des Schlosses klang es ganz toll und er konnte auch wirklich sehr gut
spielen. Ich denke er konnte es fast so gut wie der berühmte Paganini.
Nun rückte die Uhr, ohne dass er daran gedacht hatte, immer mehr auf die
11 Uhr zu. Da er in sein Geigenspiel versunken war, vergaß er nach der
Uhr zu schauen und auf einmal war es 11 Uhr, ohne dass er es gemerkt hatte.
Er spielte gerade eine wunderschöne Passage, als sich die Türe ganz langsam
öffnete und der Teufel im Türrahmen stand. Dieser zögerte ein wenig, weil
er zunächst vermutet hatte, dass ein ganzes Streichorchester in dem Raum
spielte. Verwundert blieb er stehen. Der Geiger bemerkte ihn, erschrak,
hörte auf zu spielen, trat einen Schritt zurück und behielt das Messer
im Auge, das mitten auf dem Tisch lag. "Was machst du hier? Dies ist mein
Schloss. Hier hast du nichts zu suchen." Bei diesen Worten erzitterte
der Geiger so, dass er beinahe sein wertvolles Instrument hätte fallen
lassen.
Doch plötzlich fuhr der Teufel mit einer weicheren und wesentlich freundlicheren
Stimme fort; "Du Wimmerholzspieler" - das war eigentlich eine Beleidigung
für unseren großen Künstler - " dein Spiel klingt gar nicht schlecht,
kann ich das nicht auch lernen?" "Och, ich glaube schon", sagte der Geiger
und dachte daran, wie viele mühsame Jahre er gebraucht hatte, bis es bei
ihm zum ersten Male so schön geklungen hatte, dass die Nachbarn nicht
die Fenster zugemacht hatten. Er vermutete in der Freundlichkeit des Teufels
eine List und schielte zu dem Messer hin. Doch dann gab er dem Teufel
die Geige in die Linke und zeigte ihm wie man sie unter das Kinn nimmt.
In die Rechte gab er ihm den Bogen. Der Teufel begann zu spielen, aber
es kamen so fürchterliche, ängstliche Qietschtöne aus dem Instrument heraus,
dass die Mäuse, die bekanntlich Einiges gewohnt sind, sich in den letzten
Winkel des Schlosses verkrochen. "Halt, halt, du zerstörst ja meine Geige.
Die muss zart gestrichen werden. Vor allem aber darfst du nicht mit deinen
kräftigen Fingern die Saiten herunterdrücken. Ich habe Angst, dass du
sie zerdrücken könntest."
Er ließ sich von dem Teufel die linke Hand zeigen, also die Finger mit
denen man auf den Saiten die Töne greifen muss. Er schlug die Hände über
dem Kopf zusammen und sagte: "Pfui Teufel, diese Finger sind absolut ungeeignet
zum Geige spielen. Sie sind ja voller Schwielen und überzogen mit einer
dicken Hornhaut. Mit denen wirst du nie Geige spielen lernen können."
Der Teufel fing an zu jammern, ob es da nicht doch irgendeine Möglichkeit
gäbe, er würde so gerne und so weiter. Der Geiger dachte nach und machte
dem Teufel eine Vorschlag, nämlich, man könnte mit einer Raspel die Hornhaut
herunterraspeln. Er habe da im Keller des Schlosses eine Werkstatt gesehen.
Sie gingen geschwind dorthin und fanden auch das richtige Werkzeug.
Der Geiger hieß den Teufel seine Finger in den Schraubstock zu halten,
damit er zuschrauben könne. Kaum meinte der Teufel, es wäre jetzt fest
genug, da drehte der Geiger mit beiden Händen den Schraubstock noch weiter
zu. Der Teufel fing an zu schreien, denn das tut sicher nicht wenig weh,
aber der Geiger ließ sich nicht erweichen.
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Allmählich ging das Schreien in Jammern und Betteln über. "Ich werde dich erst
losschrauben, wenn du mir beim Bart deiner Großmutter schwörst, dich nie wieder
im Schloss blicken zu lassen." Erst wollte der Teufel ihm nur Geld geben, später
wollte er ihm das Schloss schenken, aber schließlich versprach er, ihn nie wieder
zu belästigen und ihn in Frieden leben zu lassen. Inzwischen war die Nacht fast
vorüber und als der Teufel endlich seine geschundenen Finger aus dem Schraubstock
nehmen konnte, machte dieser sich schnell davon, denn er hasste nichts mehr, als
sich bei hellem Tageslicht sehen zu lassen.
Ob er wohl irgendwann noch einmal die Lust dazu gehabt hat, das Geigenspiel
zu erlernen? Wohl kaum!
Die Leute
in der benachbarten Herberge aber wunderten sich nicht schlecht, als der junge
Mann fröhlich und ausgeruht mit seinem Geigenkasten unter dem Arm vom Schloss
heraufkam. Sie hatten die ganze Nacht das Schreien gehört und kein Auge zugetan.
Sie hatten nicht geahnt, dass die Schreie, die sich wahrlich teuflisch angehört
hatten, wirklich auch von diesem stammten.
Den Rest der Geschichte kann man sich sicher denken. Der Geiger heiratete
die jüngste Tochter des Herbergsvaters. Es war ein riesiges Fest mit dem
Himmel voller Geigen, denn ein Musiker hat bekanntlich viele Freunde,
die kommen und mitmusizieren; vor allem wenn es etwas zu essen und zu
trinken gibt.
Und das wurde natürlich in diesem Schloss zum täglichen Geschehen. Wenn
man heute an dem Schloss vorbeigeht, hört man immer schöne Musik aus allen
Räumen. Naja, ich bin ganz ehrlich: Manchmal sind es auch Töne fast so
wie die von dem Teufel. Aller Anfang ist bekanntlich schwer.
Dieses Schloss
ist ein Geheimtipp. Aber, die Adresse wird nur unter Musikern weiterverraten
und der, der die Geschichte aufgeschrieben hat, kennt sie.
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